Der Hintergrund

Es geht um LGBTI* – Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans, Inter*, Queers und Menschen, die eine sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität leben, die nicht der Mehrheit entspricht.

Nach wie vor sind auch im deutschsprachigen Raum LGBTI* Ablehnung, Ausgrenzung und Diskriminierung ausgesetzt, sei es am Arbeitsplatz, im Gesundheitswesen, in den Kirchen, im öffentlichen oder privaten Umfeld und vor allem auch in der Schule:

Eine Online-Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) ermittelte für 2013 auch für Deutschland besorgniserregende Daten: Knapp die Hälfte  der befragten LGBTI* fühlte sich im letzten Jahr diskriminiert, mehr als zwei Drittel hat ihre sexuelle Identität oft oder immer während der Schulzeit versteckt (vgl. FRA, 2014, S. 12-14, 19-22). Eine repräsentative Studie des „LBS-Kinderbarometer“ zeigt, dass selbst im Jahr 2015 fast 4 von 10 Kindern zwischen 9 und 14 Jahren Regenbogenfamilien ablehnen (vgl. Institut für Sozialforschung der PROSOZ Herten GmbH PROKIDS, 2016). Und an Berliner Schulen sind Beschimpfungen wie „Kampflesbe“ oder „scheiss Schwuchtel“ auf vielen Schulhöfen und in Klassenzimmern allgegenwärtig – mehr als die Hälfte der Lehrkräfte greift außerdem nicht ein, wenn schlecht über Schwule oder Lesben geredet wird, wie eine Studie von Kathrin Schack (2010) zeigt.

Erschreckend auch ist zum Einen das vierfach erhöhte Suizidrisiko von Jugendlichen, wenn sie nicht heterosexuell sind (FRA, 2014, S. 12-14, 19-22); zum Anderen die (möglicherweise zunehmende) Anzahl homophober Hasskriminalität im deutschsprachigen Raum. Von Januar bis September 2016 wurden bereits 205 politisch motivierte Straftaten mit Bezug zu sexueller Orientierung gemeldet (Deutscher Bundestag, 2016).

Das Projekt soll einen Beitrag dazu leisten, dies zu ändern: Mit Hilfe von Comicreportagen werden Identität, Lebensweise, Erlebnisse und Erfahrungen von LGBTI* sichtbar und begreifbar gemacht. Comics sind ein tolles Format, um Geschichten und persönliche Erlebnisse zu erzählen und damit Sichtbarkeit herzustellen, Wissen weiterzugeben und Vorurteile abzubauen. Selbst Themen, die vielen als fremd oder gar tabu erscheinen, können auf interessante und leichte Art dargestellt werden.

Die Umsetzung

Daher sammelt Martina Schradi Geschichten, Anekdoten, Erlebnisse, die mit der Identität, der Lebensweise, dem Selbstverständnis und Erfahrungen von LGBTI* zusammenhängen. Die Geschichten bilden dann die Grundlagen oder Impulse für  die Comics.

Die Ausstellungen und Bücher

Zu dem Projekt gibt es zwei Wanderausstellungen, auf denen die aussagekräftigsten und eindrucksvollsten Comics festgehalten sind. Erstmals gezeigt wurde die Ausstellung im September 2013 in Nürnberg anlässlich der Verleihung des Nürnberger Menschenrechtspreises an Kasha Jacqueline Nabagesera, eine Menschenrechtsaktivistin, die für die Rechte von LGBTI* in Uganda eintritt. Seitdem wurden sie an über 300 Orten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Belgien, Finland, Ukraine, Russland, Tunesien, Kalifornien und Kanada gezeigt. Die Bücher zu den Comics sind im Zwerchfell Verlag erschienen.

Das pädagogische Programm

Begleitend wurde von Christine Burmann ein pädagogisches Programm zum Abbau von Vorurteilen und Ressentiments gegenüber LGBTI* erarbeitet. Zusammen mit der Ausstellung werden mit ihnen Informationsformate zum Thema LGBTI* für Schulen, Hochschulen, öffentliche Einrichtungen oder Unternehmen gestaltet. Die Publikation „lsbti.elementar“ in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung ergänzt das Programm.

Fachliteratur zum Projekt

  • Martina Schradi (2017). Ich bin ein Invidiuum! Ein Plädoyer für Vielfalt und Akzeptanz gegenüber LSBTI*. Contraste – Zeitung für Selbstorganisation, 34. Jahrgang, Ausgabe Mai. Heidelberg, S. 12. http://www.contraste.org/index.php?id=6
  • Christine Burmann (2015): „Die Überwindung von Diskriminierung. Ein Plädoyer zur Erarbeitung didaktischer Konzepte der Menschenrechtsbildung zu sexueller Vielfalt“. In Breckenfelder, Michaela (Hrsg.) Homosexualität und Schule. Handlungsfelder – Zugänge – Perspektiven. Budrich, S. 287-301, www.budrich-verlag.de
  • Christine Burmann & Martina Schradi (2015): »Ach, so ist das?!« Ein Antidiskriminierungsprojekt zu LSBTI* auch für die Schule.  In Juliette Wedl, Annette Bartsch (Hg.) Teaching Gender? Zum reflektierten Umgang mit Geschlecht im Schulunterricht und in der Lehramtsausbildung. transcript, S. 445-460. www.transcript-verlag.de/978-3-8376-2822-7/teaching-gender
  • Katharina Leidinger (2015): „Gender Bender, Regenbogenfamilie und Coming-out in der Schule“ – Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität als Thema im (Religions-)Unterricht. Ein Zugang zu Jugendlichen anhand biografischer Comicreportagen von LSBTI*. In Breckenfelder, Michaela (Hrsg.) Homosexualität und Schule. Handlungsfelder – Zugänge – Perspektiven. Budrich, S. 157-176, www.budrich-verlag.de
  • Martina Schradi (2014). „Ach, so ist das?!“ – Visual Storytelling-Projekt über die Lebensweise und Erfahrungen von LGBTI. www.narrata.de/narrata-erzahlt/ach-so-ist-das-visual-storytelling-projekt-ueber-die-lebensweise-und-erfahrungen-von-lgbti

Fachliteratur zum Thema

Förderungen des Projekts

  • 2020 Förderung von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
  • 2018 Sammelförderung von der Arcus Stiftung, dem Schwulen Netzwerk NRW, der Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in NRW, „anders und gleich“ und dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW
  • 2014 Förderung von der Hannchen Mehrzweck Stiftung
  • 2013 und 2014: Förderung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN

In Zusammenarbeit mit  

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