Der Hintergrund

Es geht um LGBTIQ* – Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans, Inter, Queers und Menschen, die eine sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität leben, die nicht der Mehrheit entspricht.

Nach wie vor sind auch im deutschsprachigen Raum LGBTIQ* Ablehnung, Ausgrenzung und Diskriminierung ausgesetzt, sei es am Arbeitsplatz, im Gesundheitswesen, in Vereinen und Verbänden, im öffentlichen oder privaten Umfeld und vor allem auch in der Schule:

LGBTIQ* erfahren in Deutschland nach wie vor z.T. massive Diskriminierung

Laut einer Studie aus dem Jahr 2020 erfährt über ein Drittel der queeren Menschen in Deutschland noch immer Diskrimierung im Job, bei trans Menschen sind es sogar 43 Prozent. Auch Hassverbrechen und Hassrede häufen sich wieder. Laut der Rainbow Map 2022, einem Projekt der Dachverbände ILGA Europe (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association) und TGEU (Transgender Europe) zur Messung der legalen und gesellschaftlichen Stellung von queeren Menschen, liegt Deutschland aktuell im Mittelfeld mit einem Index-Wert von knapp 53 Prozent. Der Wert wird anhand verschiedener Parameter errechnet, darunter Gesetze zur Gleichstellung und Antidiskriminierung oder der Anzahl der Hassverbrechen in einem Land. In Deutschland sind Straftaten gegen queere Menschen im Jahr 2022 laut Bundeskriminalamt sowohl im Bereich „geschlechtsbezogene Diversität“ sowie „sexuelle Orientierung“ auf insgesamt 1.422 gestiegen. Dabei wird von einer besonders hohen Dunkelziffer ausgegangen.

Diskriminierung kann krank machen

So besteht bei LGBTQI*-Menschen eine dreimal höhere Wahrscheinlichkeit, an Depressionen und Burn-out zu erkranken. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein erheblicher Teil dieser Krankheiten auf Diskriminierung und Ablehnung sowohl am Arbeitsplatz als auch im Privatleben zurückzuführen ist. Und dies passiert nicht nur, wenn sich diese Menschen zu ihrer Identität und Orientierung bekennen. LGBTQI*-Menschen leiden doppelt so häufig an Herzkrankheiten, chronische Rückenbeschwerden und Migräne kommen ebenfalls deutlich häufiger vor. Auch beim emotionalen Wohlbefinden und der Einsamkeit schneiden LGBTQI*-Menschen deutlich schlechter ab als andere. Sie fühlen sich sehr viel häufiger sozial isoliert und traurig. Besonders stark sind die gesundheitlichen Einschränkungen für trans* Menschen, bei denen 40 Prozent unter Angststörungen leiden. Bereits in der Schule sind queere Jugendliche einem stärkeren Mobbing-Risiko ausgesetzt, was erwiesenermaßen bis zu einem höheren Suizidrisiko führen kann.

Das Projekt soll einen Beitrag dazu leisten, dies zu ändern: Mit Hilfe von Comicreportagen werden Identität, Lebensweise, Erlebnisse und Erfahrungen von LGBTIQ* sichtbar und begreifbar gemacht. Comics sind ein tolles Format, um Geschichten und persönliche Erlebnisse zu erzählen und damit Sichtbarkeit herzustellen, Wissen weiterzugeben und Vorurteile abzubauen. Selbst Themen, die vielen als fremd oder gar tabu erscheinen, können auf interessante und leichte Art dargestellt werden.

Die Umsetzung

Daher sammelte Martina Schradi Geschichten, Anekdoten, Erlebnisse, die mit der Identität, der Lebensweise, dem Selbstverständnis und Erfahrungen von LGBTIQ* zusammenhängen. Die Geschichten bildeten dann die Grundlagen oder Impulse für die Comics.

Die Ausstellungen und Bücher

Zu dem Projekt gibt es zwei Wanderausstellungen, auf denen die aussagekräftigsten und eindrucksvollsten Comics festgehalten sind. Erstmals gezeigt wurde ein Teil der der Ausstellung im September 2013 in Nürnberg anlässlich der Verleihung des Nürnberger Menschenrechtspreises an Kasha Jacqueline Nabagesera, eine Menschenrechtsaktivistin, die für die Rechte von LGBTI* in Uganda eintritt. Seitdem wurden sie an über 1300 Orten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Belgien, Finnland, Ukraine, Russland, Tunesien, Kalifornien und Kanada gezeigt. Die Bücher zu den Comics sind im Zwerchfell Verlag erschienen.

Das pädagogische Programm

Begleitend wurde von Christine Burmann ein pädagogisches Programm zum Abbau von Vorurteilen und Ressentiments gegenüber LGBTI* erarbeitet. Zusammen mit der Ausstellung werden mit ihnen Informationsformate zum Thema LGBTI* für Schulen, Hochschulen, öffentliche Einrichtungen oder Unternehmen gestaltet. Die Publikation „lsbti.elementar“ in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung ergänzt das Programm.

Die Filme

Mit Hilfe diverser Förderungen konnten wir einen Trailer zu „Ach, so ist das?!“ sowie einen ersten Animationsfilm erstellen.

Auszeichnungen und Förderungen

  • 2020 Förderung von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
  • 2018 Sammelförderung von der Arcus Stiftung, dem Schwulen Netzwerk NRW, der Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in NRW, „anders und gleich“ und dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW
  • 2016 als außergewöhnliches Buch des internationalen literaturfestivals berlin erwähnt
  • ICOM-Sonderpreis der Jury 2015 für eine bemerkenswerte Comicpublikation
  • Michael-Schmidpeter-Sonderpreis 2014
  • 2014 Förderung von der Hannchen Mehrzweck Stiftung
  • 2013 und 2014: Förderung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN

In Zusammenarbeit mit  

Stimmen und Berichte zum Projekt

  • „Wir treffen liebevoll gezeichnete schüchterne und selbstbewusste Menschen, die einfach sie selbst sein wollen, ohne Versteckspiel und Vorurteile.“ Gabriele Bischoff, Wir Frauen
  • „In ihrem einfühlsamem Debüt, der Comic-Reportage „Ach, so ist das?!“, lässt Martina Schradi die LGBTI-Community zu Wort kommen.“ Kai Löffler, WDR 5
  • „Die Darstellung in zeichnerischer Form gibt den oft traurigen, zum Teil aber auch komischen Geschichten beim Lesen eine angenehme Form der Leichtigkeit.“ Sylvia Rochow, Laura Fricke, Aviva Berlin
  • „Mit ihrem einfachen Stil trifft Schradi genau den richtigen Ton, um nicht zu moralisieren, sondern wirklich einfach zu erzählen. Mit viel Mühe und Feingefühl geht sie an die Geschichten heran. Schradi hat in wenigen Panels teilweise sehr persönliche Dinge festgehalten, die an die Substanz gehen“ Björn Bischoff, Tagesspiegel Online

Fachliteratur zum Projekt

  • Martina Schradi (2017). Ich bin ein Invidiuum! Ein Plädoyer für Vielfalt und Akzeptanz gegenüber LSBTI*. Contraste – Zeitung für Selbstorganisation, 34. Jahrgang, Ausgabe Mai. Heidelberg, S. 12. http://www.contraste.org/index.php?id=6
  • Christine Burmann (2015): „Die Überwindung von Diskriminierung. Ein Plädoyer zur Erarbeitung didaktischer Konzepte der Menschenrechtsbildung zu sexueller Vielfalt“. In Breckenfelder, Michaela (Hrsg.) Homosexualität und Schule. Handlungsfelder – Zugänge – Perspektiven. Budrich, S. 287-301, www.budrich-verlag.de
  • Christine Burmann & Martina Schradi (2015): »Ach, so ist das?!« Ein Antidiskriminierungsprojekt zu LSBTI* auch für die Schule.  In Juliette Wedl, Annette Bartsch (Hg.) Teaching Gender? Zum reflektierten Umgang mit Geschlecht im Schulunterricht und in der Lehramtsausbildung. transcript, S. 445-460. www.transcript-verlag.de/978-3-8376-2822-7/teaching-gender
  • Katharina Leidinger (2015): „Gender Bender, Regenbogenfamilie und Coming-out in der Schule“ – Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität als Thema im (Religions-)Unterricht. Ein Zugang zu Jugendlichen anhand biografischer Comicreportagen von LSBTI*. In Breckenfelder, Michaela (Hrsg.) Homosexualität und Schule. Handlungsfelder – Zugänge – Perspektiven. Budrich, S. 157-176, www.budrich-verlag.de
  • Martina Schradi (2014). „Ach, so ist das?!“ – Visual Storytelling-Projekt über die Lebensweise und Erfahrungen von LGBTI. www.narrata.de/narrata-erzahlt/ach-so-ist-das-visual-storytelling-projekt-ueber-die-lebensweise-und-erfahrungen-von-lgbti
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